Toskana
Es war einmal eine Korbflasche... Nicht alle Traditionen sind bewahrenswert. In der Toskana war man in den letzten 40 Jahren offen für Neues. Der Chianti des 21. Jahrhunderts entspricht dem Zeitgeist von heute.
Die Toskana gehört wahrscheinlich für jeden deutschen Touristen zu den must-see Zielen. Als das Wirtschaftswunder Ende der 50er Jahre begann, da war es erst Südtirol und wer weiter fuhr die Adria und die Toskana, die langsam von den „Teutonen“ entdeckt wurde. Und natürlich spielte „Chianti“ als Urlaubsandenken eine unvergessliche Rolle. Mr. Wine erinnert sich noch gut an Partys seiner Eltern, bei denen Korbflaschen mit Kerzen für romantisches Licht sorgten.
Neben dem Piemont ist die Toskana das qualitativ wichtigste Weinbaugebiet Italiens. Mit 65.000 Hektar Rebfläche, zwischen sanften Hügellandschaften und einer schönen Küstenregion, stellt die Toskana 10% der gesamten italienischen Anbaufläche dar. Die größte Rolle spielt dabei die Sangiovese-Rebe. Aus ihr wird schließlich der meistproduzierte Qualitätswein Italiens hergestellt, der Chianti.
Chianti ist dabei ein beredtes Zeugnis, wie sich die Weinwelt wandelt. Bis zum Jahrgang 2005 durften die Winzer noch bis 10 Prozent Weißwein untermischen, für den sie sonst keine Verwendung hatten. Klassisch war Chianti immer eine Cuvée. Bis zu 20 Prozent Beimischungen von Canaiolo Nero, Mammolo oder auch Merlot sind üblich. Zunehmend machen sich aber nicht mehr alle Produzenten die Mühe ihre Cuvée so zu verfeinern, sondern bringen Chianti aus 100 Prozent Sangiovese auf den Markt.
Die Region Montepulciano nähe Siena, ist für ihre Sangiovese berühmt, die sich von denen des Chianti unterscheiden. Diese regionale Sangiovese wird als Prugnolo gentile bezeichnet und findet sich im Vino Nobile und im Rosso di Montepulciano. Nur der Brunello wird aus einer anderen Art hergestellt.
Das ehemalige Sumpfland der Maremma an der Küste, ist die jüngste Entdeckung. Neben weiteren Sangiovese- Varianten boomen hier internationale Sorten. Diese Weine gehören zu den elegantesten der Toskana. Es muss nicht unbedingt ein „Super Tuscan“ wie Tignanello sein, um das Erlebnis zu haben. Nico Stark (Inhaber von Wein & Mehr) empfiehlt gerne den Rocca di Frassinello als preiswerte Alternative.
Tignanello war 1971 der erste regionsuntypische Wein, der entgegen den damaligen Vorgaben im Barrique ausgebaut war, keine weißen Trauben enthielt, aber dafür gut 15 Prozent französische Sorten. Weine mit 100% französischen Sorten, sogenannte Bordeauxblends, zeigen wohin die Reise geht.
Die Toskana ist gewiss nicht als ein Weißweinparadies bekannt. Ein Vermentino aus der Maremma oder ein Vernaccia di San Gimignano findet man vereinzelt. Doch wer mit Spitzenweinen punkten will, konzentriert sich auf die Roten. Und da es immer noch betuchte Neueinsteiger gibt, die sich im Wiederaufbau eines alten, vernachlässigten Weinguts einen Traum erfüllen, dürfen wir auch in Zukunft mit neuen Spitzenweinen rechnen.